Ausstellung Klinikum Oldenburg

Verkündigung zur Ausstellung von Michaela Vorwoold, Seelsorgerin im Klinikum Oldenburg

August 2018

Seit dem 06. August 2018 ist hier in der Kapelle eine Ausstellung zu sehen mit Werken des Künstlers Gerd Christmann aus Leer, der heute auch mit seiner Frau Barbara hier in der Kapelle diesen Gottesdienst mitfeiert. Bei den Werken handelt es sich zum einen um fünf Skulpturen unter dem Titel „Ich will meine Berge sehen“; zum anderen wird die Werkserie „Seestücke“ gezeigt, bei der es um fünf Paare aus jeweils zwei Bildern geht, die die See zu unterschiedlichen Tageszeiten und von verschiedenen Betrachterstandpunkten aus zeigt.Wenn die Werke auch vorrangig auf der künstlerischen Ebene entstanden sind, so können sie sich – je nach Betrachter – auch spirituell erschließen. Das hat mich bei der Auswahl der Werke gemeinsam mit Herrn Christmann geleitet. Das wurde bei der Ausstellungseröffnung am 09. August deutlich. Deshalb sind einige der Werke heute Thema dieses Gottesdienstes. 

Ich lade Sie ein:
Trauen Sie Ihrem Gespür,verweilen Sie dort,wo ein Werk eine Saite in Ihnen zum Klingen bringt. Vielleicht fragen Sie sich: Wie kommt es, dass mich dieses Bild, diese Skulptur heute bewegt? Worauf möchte es mich hinweisen? 

 

Verkündigung zur Ausstellung

Ein Bilderpaar und zwei Skulpturen möchte ich an dieser Stelle mit Ihnen anschauen. Dazwischen hören wir Orgelmusik, die zum Bedenken einlädt. 

„Bilderpaar mit Schwimmer“
Als erstes habe ich das Bilderpaar rechts … im Altarraum ausgewählt. Das Bild zeigt die See in blauen, roten und weißen Pinselstrichen. Tritt man näher heran, kann man – wie auf den meisten Bildern hier – einen Schwimmer entdecken. Die Ambivalenz des Meeres – so wie wir es selbst immer wieder in der Natur erfahren, die Ambivalenz des Meeres und die damit verbundenen Erfahrungen drückt Gerd Christmann treffend aus, wenn er sagt: „Ein melancholischer Blick auf die Schönheit des Meeres, auf mögliches Scheitern des Menschen scheint mir als verborgener Antrieb hinter dieser Bilderserie zu stehen.“

Hören wir nun die Schriftstelle:
Am Abend dieses Tages sagte Jesus zu seinen Jüngern: Wir wollen ans andere Ufer hinüberfahren. Plötzlich erhob sich ein heftiger Wirbelsturm, und die Wellen schlugen in das Boot, sodass es sich mit Wasser zu füllen begann. Er aber lag hinten im Boot auf einem Kissen und schlief. Sie weckten ihn und riefen: Meister, kümmert es dich nicht, dass wir zugrunde gehen? Da stand er auf, drohte dem Wind und sagte zu dem See: Schweig, sei still! Und der Wind legte sich und es trat völlige Stille ein. Er sagte zu ihnen: Warum habt ihr solche Angst? Habt ihr noch keinen Glauben? Da ergriff sie große Furcht und sie sagten zueinander:

Was ist das für ein Mensch, dass ihm sogar der Wind und der See gehorchen? (Mk 4, 35-41)
Warum habe ich solche Angst?
Die Angst verflöge, könnt ich vertrauen.

„Bonjour Monsieur Cézanne“
Als zweites habe ich die Skulptur „Bonjour Monsieur Cézanne“ ausgewählt, die Sie … sehen. Die Figur in der Skulptur weicht vor dem Berg zurück und zeigt so den Respekt vor dem Berg. Aber – und das hat in mir eine Saite zum Klingen gebracht, die Figur in dieser Skulptur bleibt trotz allem aufrecht stehen. Auch das scheint mit Erfahrungen widerzuspiegeln, die wir auf unserer Lebensreise machen. Dass wir Herausforderungen erleben, die uns übermächtig erscheinen, dass wir uns dagegen klein und hilflos vorkommen, dass wir zurückweichen, dass wir aber auch in der Herausforderung bestehen.

Hören wir nun die Schriftstelle: In derselben Nacht stand Jakob auf, nahm seine beiden Frauen, seine beiden Mägde sowie seine elf Söhne und durchschritt die Furt des Jabbok. Er nahm sie und ließ sie den Fluss überqueren. Dann schaffte er alles hinüber, was ihm sonst noch gehörte. Als nur noch er allein zurückgeblieben war, rang mit ihm ein Mann, bis die Morgenröte aufstieg. Als der Mann sah, dass er ihm nicht beikommen konnte, schlug er ihn aufs Hüftgelenk. Jakobs Hüftgelenk renkte sich aus, als er mit ihm rang. Der Mann sagte: Lass mich los; denn die Morgenröte ist aufgestiegen. Jakob aber entgegnete: Ich lasse dich nicht los, wenn du mich nicht segnest. Jener fragte: Wie heißt du? Jakob, antwortete er. Da sprach der Mann: Nicht mehr Jakob wird man dich nennen, sondern Israel (Gottesstreiter); denn mit Gott und Menschen hast du gestritten und hast gewonnen. Nun fragte Jakob: Nenne mir doch deinen Namen! Jener entgegnete: Was fragst du mich nach meinem Namen? Dann segnete er ihn dort. Jakob gab dem Ort den Namen Penuël (Gottesgesicht) und sagte: Ich habe Gott von Angesicht zu Angesicht gesehen und bin doch mit dem Leben davongekommen. Die Sonne schien bereits auf ihn, als er durch Penuël zog; er hinkte an seiner Hüfte.

Was für mich diese Schriftstelle so passend zur Skulptur erscheinen lässt, sind folgende Aspekte: Über Jakob bricht etwas Furchtbares herein. Ein Angriff aus dem Dunkeln – das ist nicht nur eine Erfahrung Jakobs. Das Leben wird in Frage gestellt. Der Glaube an Gott kann ins Wanken geraten. Vieles, worauf man sich verlassen und auf was man gebaut hat, wird brüchig. Zukunftspläne werden zunichte gemacht. Wir fürchten abzustürzen und weggerissen zu werden.
Jakob nimmt den Kampf auf. Er stellt sich ihm. Er kämpft mit dem Geschehenen, er ringt um seine Zukunft.

Den Segen, den Jakob schließlich erhält, ist ein unter Schmerzen erungener Segen. Ein Segen nach einem Kampf in der Dunkelheit des Lebens. Ein Segen nach einem Kampf um die Frage nach Gott. Ein Segen, der nicht glatt und einfach daher kommt. Ich verstehe in dieser Geschichte, dass auch unser beschädigtes Leben gesegnetes Leben sein kann, sein will. Segen, das kann hier heißen: wieder gelingendes Leben, Heil und Heilung, Trost in unseren Traurigkeiten.

„Zwischen mir und den Bergen stehen Worte“
Und schließlich habe ich als letztes die Skulptur ausgewählt: „Zwischen mir und den Bergen stehen Worte“. In dieser Arbeit sind Kopf und Berg annähernd gleich groß und von der Form her in Beziehung gesetzt. Berge sind von alters her Stätten der Offenbarungen Gottes. Auf einem Berg empfing Mose die Zehn Gebote. Elija wanderte 40 Tage und Nächte durch die Wüste zum Gottesberg Horeb, wo Jahwe sich ihm im sanften Säuseln des Windes zeigte. Jesus ging häufig auf einen Berg, um dort zu seinen Jüngern zu reden oder zu beten.

Hören wir nun die Schriftstelle, die vom Berg der Verklärung handelt:
In jener Zeitnahm Jesus Petrus, Jakobus und dessen Bruder Johannes beiseite und führte sie auf einen hohen Berg.Und er wurde vor ihren Augen verwandelt; sein Gesicht leuchtete wie die Sonne, und seine Kleider wurden blendend weiß wie das Licht.Da erschienen plötzlich vor ihren Augen Mose und Elija und redeten mit Jesus.Und Petrus sagte zu ihm: Herr, es ist gut, dass wir hier sind. Wenn du willst, werde ich hier drei Hütten bauen, eine für dich, eine für Mose und eine für Elija.Noch während er redete, warf eine leuchtende Wolke ihren Schatten auf sie, und aus der Wolke rief eine Stimme: Das ist mein geliebter Sohn, an dem ich Gefallen gefunden habe; auf ihn sollt ihr hören.

Was die drei Jünger hier erlebten, war eine Sternstunde ihres Lebens. Eine Stunde, die ihnen Gewissheit schenkte, eine Stunde, die sie ermutigen sollte, auch wenn es danach hinunter von dem Berg in den Alltag ging.Lothar Zenneti drückt für mich passend aus, was es sein könnte, worauf wir in unserem Leben und in unserem Sterben felsenfest bauen dürfen:

Es könnte doch sein, dass es das gibt,sagt, was ihr wollt:
Ein Erbarmen, das mich hält,das mich trägt von jeher.Ein Erbarmen, in das ich michbergen kann jederzeit.
Sagt, was ihr wollt:Es könnte doch sein, dass es das gibt:
Dass einer ist, der ja zu mir sagt,der in mir atmet,dessen Herz in mir schlägt,der macht, dass ich bin.
Es könnte doch sein, dass es das gibt,sagt, was ihr wollt.