Ein Kalender für den SPD-Kreis Leer
2017
Januar
Willy Brandt besucht sein eigenes Denkmal
Willy Brandt sinniert über Vergangenheit und Zukunft der SPD. Dabei blickt er auf seine Skulptur, die der Künstler Rainer Fetting geschaffen hat. Die Skulptur steht in der SPD-Parteizentrale in Berlin, dem Willy-Brandt-Haus.
Das Bild zeigt die dortige Raumsituation, aus Gründen der Malerei nur leicht abgewandelt. Willy Brandt steht im Treppenhaus und schaut aus erhöhter Sicht auf sein eigenes Denkmal.
Januar
Willy Brandt besucht sein eigenes Denkmal
Willy Brandt sinniert über Vergangenheit und Zukunft der SPD. Dabei blickt er auf seine Skulptur, die der Künstler Rainer Fetting geschaffen hat. Die Skulptur steht in der SPD-Parteizentrale in Berlin, dem Willy-Brandt-Haus.
Das Bild zeigt die dortige Raumsituation, aus Gründen der Malerei nur leicht abgewandelt. Willy Brandt steht im Treppenhaus und schaut aus erhöhter Sicht auf sein eigenes Denkmal.
März
Der Maler Adolf von Menzel und die Opfer der Märzrevolution 1848
Das Bild zeigt den Maler Adolf von Menzel, der in seinem 91. Lebensjahr überlegt, ob er sein Bild „Die Aufbahrung der Märzgefallenen“ nicht doch hätte vollenden sollen.
Die Erschießung von fast 300 Arbeitern und Bürgern während der Barrikadenkämpfe am 18. und 19. März 1848 in Berlin bildet den historischen Hintergrund. Bei der Beisetzung musste König Friedrich Wilhelm IV. seinen Hut vor den Opfern ziehen.
Letztlich scheiterte die Revolution. Die Wurzeln der SPD reichen bis in diese Zeit zurück. Adolf von Menzel hat das Bild nicht vollendet, obwohl er schon viel Arbeit hineingesteckt hatte.
April
1933-1945: Sozialdemokraten und Journalisten auf dem Weg in den Tod
Seit 1933 litten Sozialdemokraten unter der Verfolgung durch das Naziregime. Führende Politiker wie Julius Leber gehörten der Widerstandsbewegung vom 20. Juli 1944 an und wurden in Berlin-Plötzensee hingerichtet. In Ortsvereinen und Nachbarschaften wahrten Sozialdemokraten ihre Werte und blieben Gegner der Nazis.
Die Gruppe der SA-Männer wurde im Bild mit Rötel gezeichnet, um den „Bruch“ sichtbar zu machen. Die anderen Teile des Bildes sind durch ihre Farbigkeit verbunden. Der Gewerkschafter und SPD-Politiker Julius Leber wird im Bild oben durch die bekannte Fotografie im Prozess des sogenannten Volksgerichtshofs dargestellt. Die Wut der Nazis konnte seine Würde nicht brechen.
Mai
Die sozial engagierte Schriftstellerin Wilhelmine Siefkes denkt an Vergangenes und Zukünftiges
Wilhelmine Siefkes (1890-1984) war eine Leeraner Schriftstellerin und Sozialdemokratin, die sich schon früh für die Verbesserung der sozialen Lage, insbesondere von Kindern, engagierte. Sie wurde von den Nazis aus dem Schuldienst entlassen und konzentrierte sich nach 1945 auf ihre Arbeit als Schriftstellerin.
Siefkes sitzt auf einem Sofa und erinnert sich an einen Schulausflug zu Ostern. Die kleinen weißen Figuren stellen die Kinder auf dem Schulausflug dar, weiße Schleifen und Kniestrümpfe erinnern an die 20er Jahre. Die Frauen führen Siefkes‘ Ideale weiter. Der Blick aus dem Fenster in die Leeraner Altstadt vermittelt ein wenig Lokalkolorit.
Juni
Der SPD-Vorsitzende und Kanzler-kandidat Martin Schulz betritt die Arena
Martin Schulz wurde im Januar 2017 zum SPD-Vorsitzenden und Kanzlerkandidaten gewählt. Er löste eine große Welle der Euphorie mit zahlreichen Eintritten von neuen SPD-Mitgliedern aus.
Martin Schulz steht ohne Brille im Vordergrund in Kämpferpose vor einem Boxring. Sein sensibles Gesicht spiegelt die Last von Verantwortung wider.
Das Motiv der Boxhandschuhe ist in der Plakatwahlkampf-werbung im 20. Jahrhundert mehrfach verwendet worden, sowohl von der SPD als auch von der CDU – worauf hier (ironisch) hingewiesen wird.
Das Plakat links von Schulz, „Mehr Malerei wagen“, ändert Willy Brandts berühmten Ausspruch „mehr Demokratie wagen“ ab.
Juli
Der ostfriesische SPD-Politiker und Landschaftspräsident Helmut Collmann
„Wissen ist Macht“: Dieser sozialdemokratische Leitspruch durchzieht den Lebensweg von Helmut Collmann. Der ehemalige SPD-Landtagsabgeordnete, Kommunalpolitiker und Präsident der „Ostfriesischen Landschaft“ hat die ostfriesische SPD maßgeblich geprägt.
Im Bild werden drei Ereignisse aus dem Leben Collmannns zusammengefügt: Als kleiner Junge hat er das brennende Hamburg erlebt, als Schüler ist er täglich 15 Kilometer mit dem Rad von Rhauderfehn zum Gymnasium nach Papenburg gefahren und als Vorsitzender der Ostfriesischen Landschaft hat er sich besonders intensiv um die Bibliotheken gekümmert.
August
SPD und christlicher Glaube: Christus zerbricht das Gewehr
Die SPD war anfangs kirchen- und religionsfeindlich. Nach dem Zweiten Weltkrieg öffnete sich die Partei – auch gegenüber den Konfessionen. Dabei hatten vor allem pazifistische Strömungen in der Kirche Einfluss auf die SPD.
Mit „Christus zerbricht das Gewehr“ wird ein Holzschnitt von Otto Pankok zitiert, der in der Debatte um die Gründung der Bundeswehr eine Rolle spielte. Links ist ein Porträt des ersten sozialdemokratischen Bundespräsidenten Gustav Heinemann zu erkennen.
Walter Jens auf der rechten Seite weist auf die Nachrüstungsdebatte hin, aber auch darauf, dass die SPD immer Freunde unter Intellektuellen hatte. Der Berg im Hintergrund bezieht sich auf die Bergpredigt.
September
Kritische SPD: Die Göttinger Sieben
Die „Göttinger Sieben“ waren Professoren, die 1837 gegen die Aufhebung der liberalen Verfassung von 1833 im Königreich Hannover protestierten. Sie wurden deshalb entlassen und gelten heute als Vorreiter eines demokratischen Geistes in den deutschen Ländern. Zu ihnen gehörten auch die Brüder Grimm.
Bei den vier Linksabweichlern der SPD in den 50er, 60er, 70er und 80er Jahren des 20. Jahrhunderts handelt es sich um (von links): Karl-Heinz Hansen, Wolfgang Abendroth, Peter von Oertzen und Manfred Coppik. Sie stehen an einer Wegkreuzung im Göttinger Land, im Hintergrund sind die sieben Alfelder Berge zu sehen. Die sieben Professoren sind durch Schatten charakterisiert.
Oktober
Alltag in der SPD
Basisarbeit, Verwaltungsarbeit, Bürokram unten, die großen Ideale und Forderungen oben: eine Szene aus einem SPD-Büro, in diesem Falle der Geschäftsstelle in Leer.
Das Bild greift die Raumsituation in der Geschäftsstelle des SPD-Kreises Leer auf. Die abgestellten Transparente sprechen eine eigene Sprache, ganz links wird das berühmte Plakat zum Weltfrauentag zitiert. Im Hintergrund ist unten ein altes Plakat mit Willy Brandt zu sehen.
Rechts unten hängt ein großes Plakat der SPD-Landespolitikerin Johanne Modder als junger Wahlkämpferin. Das soll zeigen, dass aus der Basisarbeit heraus eine große Parteikarriere beginnen kann.
November
Philipp Scheidemann ruft 1918 die Weimarer Rebublik aus
Am 9. November 1918 rief der Sozialdemokrat Philipp Scheidemann die Weimarer Republik vom Reichstagsgebäude in Berlin aus.
Im Vordergrund sind die Hüte und Mützen von Bürgern und Arbeitern zu sehen. Die spontanen Jubelgesten entsprechen der damaligen Realität. Die roten Nelken weisen deutlich auf den sozialdemokratischen Hintergrund dieses Ereignisses hin.
Die Mischtechnik, bei der in nasse Binderfarbe mit Zeichenkohle oder Pittkreide gezeichnet wurde, ermöglicht die Darstellung von Spontanität und Aktion.
Dezember
Der Kniefall von Warschau
Willy Brandts Geste am 7. Dezember 1970, egal, ob spontan oder geplant, machte den Weg frei für eine neue Ostpolitik. Es war eine Demutsgeste gegenüber dem polnischen Volk, die weltweit Anerkennung fand. Letztlich war es diese Ostpolitik, die die deutsche Wiedervereinigung möglich machte.
Der Kontrast zwischen Grautönen in Binderfarben und Ölmalerei visualisiert den Bruch zwischen alter und neuer Denkweise. Die bogenförmigen Segmente stehen für die Wirkung des Kniefalls weltweit. Die Basilius-Kathedrale in Moskau soll auf die Bedeutung der damaligen Ostpolitik und ihre weltpolitischen Zusammenhänge hinweisen.
Über das Projekt
Heiner Schröder, SPD-Kreis Leer, über den SPD-Kalender:
Gerd Christmann ist ein bescheidener Mann. Wenn es um das Projekt „Sozialdemokratische Momente“ geht, dann nennt er sich immer zuletzt. Wahr ist: Ohne ihn hätte es die Bilder und den Kalender nie gegeben. Gerd Christmann hatte die Idee schon lange im Kopf. Als langjähriger Zweifler und Sympathisant der sozialdemokratischen Werte zugleich suchte er eigentlich nur einen Anlass und Mitstreiter, um diese Idee zu verwirklichen. Diese Rolle nehmen Beate Stammwitz und Heiner Schröder (beide auf dem Foto links), Helmut Collmann, Keno Borde, unterstützende SPD-Ortsvereine, die Tochter Lina Christmann und die Ehefrau Barbara Christmann gerne an. Aber sie hatten immer den Eindruck: „Der macht das sowieso“. Und sie staunten über das Tempo, in dem Gerd Christmann seine Ideen auf die Leinwand bannte.
Die Bilder zeigen sozialdemokratische Momente, teilweise aktuelle, teilweise zeitlose. Die Auswahl der Motive hat das „Kalenderteam“ gemeinsam diskutiert, aber entschieden hat letztlich Gerd Christmann, hat doch in alter sozialdemokratischer Tradition der Künstler freie Hand.
Die SPD hat eine lange, kontroverse Geschichte mit zahlreichen Brüchen. Aber es gab immer eine Linie. Diese Linie ist in den „Sozialdemokratischen Momenten“ deutlich zu erkennen. Es ist deutschlandweit ein einmaliges SPD-Projekt, das auch zeigt: SPD und Kunst gehören zusammen.
Gerd Christmann über die SPD und das Kalenderprojekt:
Familiär „vorbelastet“: Ein Großvater war SPD-Mitglied. Eine der klarsten Kindheitserinnnerungen: meine Hand in der meines Vaters auf der Maikundgebung, die in Hannover traditionell an der Goseriede stattfand. Seit meiner Studentenzeit habe ich mich intensiv mit der Arbeiterbewegung und der Geschichte der SPD auseinandergesetzt, um meinen eigenen Standpunkt zu finden. Ich war auf der Suche nach Klarheit, nach einer Position.
Ich war stets kritisch, hegte mal mehr, mal weniger Sympathie dieser Partei gegenüber. Und auch wenn es Momente gab, wo ich versucht war, in die SPD eingetreten bin ich nie. Selbst in den Zeiten der Begeisterung für Willy Brandt und seiner neuen Ostpolitik ist mir dieser Gedanke fern geblieben. In meinen Jahren als Fachschaftsrat an der Uni Göttingen habe ich gemerkt, dass Realpolitik nicht mein Ding ist.
Meine Überzeugung ist es, dass man an der SPD nicht vorbei kommt und auch nicht vorbei kommen sollte, wenn man auf der Seite der arbeitenden Menschen und der sogenannten einfachen Menschen stehen möchte. Dieses „Kalenderprojekt“ hat mir dies wieder bestätigt.